Die Carnaby Street ist der Inbegriff für Swinging London, und dabei ist diese Straße eher Rückseite oder Hintergasse der vornehmen Regent Street. Und doch trat die Carnaby Street spätestens in den siebziger Jahren aus dem Schatten des belebten Oxford Circus, der kaum einen Steinwurf von ihr entfernt ist. Denn in dieser unscheinbaren und engen Gasse kauften die Rolling Stones ihre Hemden und schrieb Pink Floyd Musikgeschichte. In den sechziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts sprengte London alle Grenzen der Musik – auch deshalb, weil die Beatles aus Liverpool in den Clubs in unmittelbarer Umgebung der Carnaby Street ihre frühen Triumphe feierten. Es ist das London der Neonlichter, das einst düstere Herz einer Weltstadt, die Kulisse der legendären Edgar-Wallace-Filme. Soho – diese vier Buchstaben stehen aber auch für Revolutionen der Mode und der Musik, und für eine kleine Gasse, die Weltruhm erlangte.
Die Carnaby Street „rockt“ noch immer, doch der Glanz von einst ist ein wenig verblasst. Ehemals war diese Straße im Szeneviertel Soho eine Art Mekka der Musik- und Modewelt. Mit diesem Namen verbanden jungen Menschen in aller Welt so etwas wie ein beschwingtes Lebensgefühl. Es war die Modedesignerin Mary Quant, die zu diesem Befinden die passende Kleidung schuf – sie erfand 1965 den Minirock, der allen bis dahin geltenden Vorstellungen der Modewelt widersprach. Doch der knappe Rock, der das Knie nicht verdeckte, setzte sich durch und wurde zum Symbol einer aufbegehrenden Jugend. Das spindeldürre Model Twiggy spazierte über die Carnaby Street und Millionen Menschen rund um den Globus ließen sich von der Revolution der Modemacher anstecken. Es war die Zeit, da aus den Pubs und Clubs der Carnaby Street im Herzen von Soho melancholische Popklänge drangen und diese kleine Nebenstraße eine große Berühmtheit erlangte. In Deutschland kam eine Schallplatte auf den Markt, mit der Peggy March den Charme und den sozialen und kulturellen Lebensstil dieser Gasse besang: „Was so alles geschieht – in der Carnaby Street“. Allerdings ist die Epoche vorbei, da die Modedesigner dort ihre wichtigsten Stilrichtungen kreierten. Das hatte damals zur Folge, dass im berühmten Oxford Dictionary der Begriff „Carnaby Street“ schlicht und einfach mit „Modische Kleidung“ übersetzt wurde.
Schon in den fünfziger Jahren war der „Hinterhof“ der Regent Street ein Anziehungspunkt für Musiker. Sie schauten sich in den Boutiquen von Ben Sherman, Lady Jane oder Fred Perry um. Ursprünglich war die Carnaby Street allerdings eine Art Fluchtburg für Einwanderer aus aller Welt. Chinesen und Vietnamesen fanden hier ein neues Zuhause – aber auch Polen, Italiener und Griechen. Karibische Klänge waren sehr lange in Soho beliebt. Ihre große Popularität verdankt die Straße jedoch erst dem Mode- und Musik-Boom der sechsziger Jahre. Als dann an Wochenenden immer mehr Besucher kamen und auch unzählige Autos wurde die Carnaby Street schließlich zur Fußgängerzone erklärt. Heute gibt es in den Shops aber immer weniger revolutionäre Mode zu kaufen sondern vor allem Tassen mit royalen Motiven und T-Shirts in den Farben des Landes. Hin und wieder gibt es dort Musik-Festivals und auch Ausstellungen, die von alten Zeiten berichten, als von hier aus etliche Bands ihre Weltkarriere starteten.
Informationen zu Carnaby Street:
Nächste U-Bahn Station:
Oxford Circus Station